Offener Brief an den Gemeinderat

Sehr geehrte Gemeinderatsabgeordnete,

am 15. Dezember werden Sie über die „Sondernutzungsrichtlinie für mobile Verkaufsstände“ beraten, die an bestimmten Stellen Karlsruhes den mobilen Verkauf erlauben soll. Eine Hand voll Plätze werden dann bestimmt, inklusive der Anzahl der Stände und wahrscheinlich, wie derzeit der Fall, Zeit und Art des Verkaufs.

Wir von den Jungen Liberalen Karlsruhe (JuLis) begrüßen es sehr, dass Sie klare Regeln für fahrende Händler in der Innenstadt schaffen wollen. Dadurch wird Rechtssicherheit für alle Beteiligten geschaffen und die Existenz von kleinen Händlern hängt nicht mehr vom guten Willen der Verwaltung ab. Zu diesem Schritt beglückwünschen wir Sie und möchten Ihnen Mut wünschen. Mut, über den aktuellen Plan, einzelne Orte für fahrende Händler freizugeben, hinauszugehen: Öffnen Sie die gesamte Innenstadt für kreative Geschäftsideen! Wählen Sie den gegensätzlichen Ansatz – nehmen Sie bestimmte Orte aus, wenn Sie diese in sachlicher Hinsicht als ungeeignet für Handel und andere private Aktivitäten bewerten. Wir denken, dass eine solche Regelung besser geeignet ist, um dem ständigen Wandel des städtischen Lebens Rechnung zu tragen als explizit einzelne Plätze freizugeben.

Das Leben in der Innenstadt ist ein vielschichtiger, dynamischer Prozess. Die Menschen, die sich in der Stadt bewegen, gehen zahlreichen unterschiedlichen Tätigkeiten nach und haben individuelle Interessen und Bedürfnisse. Sie wissen in aller Regel selbst am besten, was sie wollen und was zu tun sie bereit sind. Fahrende Händler können flexibel auf diese Nachfrage reagieren und durch kreative Geschäftsideen das Leben in unserer Stadt bereichern. Bei allem Respekt für Ihre Arbeit gehen wir nicht davon aus, dass der Gemeinderat in der Lage ist, zu beurteilen, wann und wo Menschen Kaffee, Tee oder Spinat-Smoothies kaufen wollen. Gewerbetreibende haben ebenfalls kein Patentrezept, um diese Frage zu beantworten, aber sie sehen an ihrem täglichen Umsatz, ob sie richtig liegen, und können beziehungsweise müssen gegebenenfalls die Konsequenzen ziehen.

Wir sehen nicht, inwiefern durch eine grundsätzliche Freigabe aller öffentlichen Plätze nachhaltiger Schaden drohte. Sollten sich Passanten durch zu viele Händler belästigt fühlen, kann die Stadt darauf reagieren, indem sie einzelne Plätze ausnimmt, den Verkauf an Auflagen knüpft oder die Zahl der Händler limitiert. Ein nachhaltiger Schaden, der ein generelles Verbot mit Erlaubnisvorbehalt rechtfertigen würde, ist nicht ersichtlich.

Um Missverständnisse zu vermeiden, wollen wir betonen, dass wir nicht dagegen sind, dass sich die Leute bei der Stadt anmelden und ihre Steuern zahlen – das hätten sie dann immerhin manch einem internationalen Kaffeefranchise voraus…

Unsere Bitte an Sie ist: Lassen Sie die Leute selbst entscheiden, wann und wo sie etwas kaufen oder verkaufen wollen. Sie wissen es am besten, und Sie tragen die Konsequenzen ihrer Entscheidung. Gerade die Freiräume, die infolge der Verlegung des Nahverkehrs in der Karlsruher Innenstadt entstehen werden, verändern unser Stadtleben auf interessante Art und Weise. Wir JuLis sind gespannt, mit welchen neuen Ideen die Menschen aus Karlsruhe unsere Stadt bereichern werden. Gewähren Sie freien Raum für Ihre Kreativität.