Gleiche Persönlichkeitsrechte für alle Menschen

Die Jungen Liberalen (JuLis) Karlsruhe möchten zu der aktuell hitzig geführten Debatte über das Gedicht „Schmähkritik“ von Jan Böhmermann klarstellen, dass der Schutz der Persönlichkeitsrechte jedes Menschen, die Ausfluss des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und der Menschenwürde sind, für uns einen hohen Stellenwert hat. Insofern ist es richtig, dass das deutsche Strafrecht den Straftatbestand der Beleidigung (§ 185 StGB) vorsieht. Auf diese Strafnorm kann sich selbstverständlich auch der türkische Präsident berufen, wie er das mit seinem Strafantrag nach § 194 StGB vom 11. April getan hat, wenn er dies für angebracht hält. Ob der Antrag begründet ist, wird – wie in jedem anderen Fall auch – die Staatsanwaltschaft zu prüfen und gegebenenfalls ein Gericht zu entscheiden haben. Es ist nicht Sache der JuLis oder anderer politischer Organisationen, über die Sinnhaftigkeit solcher Anträge zu urteilen oder auf die Arbeit der Staatsanwaltschaft und Gerichte in Einzelfällen Einfluss ausüben zu wollen.

Dagegen sehen es die JuLis kritisch, dass das Strafrecht zusätzlich zur „normalen“ Beleidigung (§ 185 StGB) einen weiteren Straftatbestand zur Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten (§ 103 StGB) vorsieht, der mit einer deutlich höheren Strafandrohung (drei Jahre statt einem Jahr) bewährt ist. „Wir JuLis wissen, dass es in der Politik häufig hoch hergeht, und jeder Politiker gut beraten ist, nicht nur kräftig austeilen sondern auch einstecken zu können.“, sagt Moritz Klammler, Vorsitzender der JuLis Karlsruhe, „Es scheint uns daher absurd, dass die Beleidigung von ausländischen Politikern schärfer bestraft werden können sollte, als die Beleidigung anderer Menschen. Ebenfalls halten wir es für bedenklich, dass die Straftat nach § 103 StGB nur mit Zustimmung der Bundesregierung verfolgt wird (§ 104a StGB). Eine Einflussnahme der Regierung auf die Strafverfolgung ist grundsätzlich kritisch zu beurteilen und besonders fragwürdig, wenn sie wie hier die Interpretation einer künstlerischen Auseinandersetzung mit einem aktuellen politischen Thema beinhaltet. Die Bundeskanzlerin mag von dem Schmähgedicht halten was sie will. Einen Einfluss auf die Strafbarkeit sollte diese persönliche Meinung jedoch nicht haben.“

Die JuLis Baden-Württemberg haben auf ihrem LXIX. Landeskongress, der an diesem Wochenende in Pforzheim stattfand, einen Dringlichkeitsantrag beschlossen, der die Aufhebung des § 103 StGB fordert. Die JuLis Karlsruhe stehen hinter dieser Entscheidung und denken, dass dem Ausgleich zwischen den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen auf der einen und der Notwendigkeit, in einer Demokratie auch polemische Debatten zuzulassen, auf der anderen Seite, durch den allgemeinen Straftatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB besser Rechnung getragen werden kann, als durch eine Sonderbehandlung für ausländische Politiker. Der § 103 StGB ist ein Anachronismus des deutschen Strafrechts und sollte abgeschafft werden.

Zu dem Inhalt des Schmähgedichts selbst, und ob es sich noch im Rahmen dessen bewegt, was akzeptabel ist, möchten wir uns an dieser Stelle bewusst nicht äußern. Der freien und unabhängigen Presse kommt in einer Demokratie eine unverzichtbare Rolle zu. Die JuLis respektieren diese Unabhängigkeit und halten Abstand von Versuchen, die Medien bewerten zu wollen. „Wir wünschen uns jedoch, dass gerade junge Menschen sich vielseitig über das aktuelle politische Geschehen informieren und eine fundierte Meinung bilden.“, sagt Moritz Klammler, „Satire hat einen berechtigten Platz in unserer Gesellschaft, ist jedoch eine Ergänzung und kein Ersatz für Qualitätsjournalismus.“